Napoleon

Napoleon I. (1769-1821), Kaiser der Franzosen (1804-1814/15)

Am 15. August 1769 wurde Napoleon in Ajaccio auf Korsika als Sohn eines einflußreichen Landadligen geboren. Von 1779 bis 1785 besuchte er Militärschulen in Brienne und Paris und trat im Oktober 1785 als Leutnant in die Artillerie ein.

Im Zuge der Revolution wurde er 1791 Oberstleutnant der Korsischen Nationalgarde. 1793 brach der französisch erzogene Napoleon mit der korsischen Unabhängigkeitsbewegung und übersiedelte mit seiner Familie auf das französische Festland. Dort wurde er, im Rang eines Hauptmanns, der Belagerungsarmee vor Toulon zugeteilt, das sich mit Unterstützung der englischen Flotte gegen die Republik gestellt hatte. Durch einen gewitzten Plan Napoleons glückte die Rückeroberung des Marinestützpunktes. Dieser Erfolg brachte ihm im Alter von 24 Jahren die Beförderung zum Brigadegeneral ein und bildete den Auftakt einer beispiellosen militärischen Karriere.

Nach dem Sturz Robespierres wurde Napoleon im Juli 1794 als Anhänger der Bergpartei für zwei Wochen inhaftiert und im September 1795 aus der Armee entlassen. Bereits im Oktober wurde er zurückberufen, um den Aufstand der Pariser Royalisten gegen das Direktorium niederzuschlagen. Nach seinem Sieg über die Aufständischen wurde er am 5. Oktober 1795 zum Befehlshaber der "Armee des Innern" ernannt.

1796 vermählte sich Napoleon mit Josephine de Beauharnais. Die Heirat mit einer Aristokratin eröffnete ihm endlich den angestrebten Zugang zur herrschenden Gesellschaftsschicht.

Am 2. März 1796 wurde Napoleon Oberbefehlshaber der französischen Armee in Italien. Nach vier siegreichen Schlachten gegen Österreich und dessen Verbündete (Koalitionskriege) schloß er eigenmächtig einen Waffenstillstand und im Oktober 1797 den Frieden von Campo Formio mit Österreich. Frankreich behielt den Großteil des eroberten Territoriums in Oberitalien. Diese militärischen und politischen Erfolge und nicht zuletzt die Kriegsbeute in Höhe von mehreren Millionen Francs, begünstigten den Aufstieg zur Macht.

Im Dezember 1797 verlieh ihm das Direktorium den Oberbefehl über die französische Armee, die gegen England eingesetzt werden sollte, sandte ihn aber wenig später mit einem Expeditionskorps gegen Ägypten. Nach anfänglichen Erfolgen wurde die französische Flotte am 1. August 1798 von der englischen Flotte unter Admiral Horatio Nelson bei Abukir vernichtend geschlagen. Napoleon kehrte im Oktober 1799 nach Frankreich zurück, die mehrfach geschlagenen Truppen erst 1801.

Nach seiner Rückkehr gelang Napoleon nicht zuletzt dank seiner Popularität mit dem Staatsstreich vom 9./10. November 1799 (18./19. Brumaire nach dem Revolutionskalender) der Sturz des Direktoriums. Napoleon setzte eine provisorische Regierung ein, in der er selbst das Amt des Ersten Konsuls übernahm. Am 24. Dezember 1799 wurde die provisorische Regierung durch die Konsulatsverfassung bestätigt und Napoleon zunächst für zehn Jahre zum Ersten der drei Konsuln ernannt. Diese neue Konsulatsverfassung bedeutete praktisch eine Rückkehr zu einer monarchischen Regierungsform und verlieh Napoleon nahezu diktatorische Regierungsgewalt.

1802 ließ er sich zum Ersten Konsul auf Lebenszeit ernennen, und am 2. Dezember 1804 krönte er sich selbst in der Kathedrale Notre-Dame in Paris zum erblichen Kaiser der Franzosen und ließ sich anschließend vom Papst weihen.

Im Mai 1805 krönte er sich in Mailand zum König von Italien.

Innenpolitisch startete Napoleon eine umfassende Reform von Verwaltung, Justiz und Erziehungswesen und schuf ein streng zentralisitisch aufgebautes Staatswesen. Die bedeutendste Neuerung war die Einführung eines bürgerlichen Gesetzbuches, des Code civil, nach seinem Urheber auch Code Napoleon genannt. Gemeinsam mit sechs weiteren Gesetzbüchern führte es zur Vereinheitlichung des Rechtswesens und schrieb wichtige Rechtspositionen der Revolution fest, wie die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz und die Religionsfreiheit. In der Praxis waren diese Grundrechte allerdings erheblich eingeschränkt, und Willkür und Zensur waren an der Tagesordnung. Gefürchtet war besonders der Polizeiminister Joseph Fouche. Napoleon besetzte die meisten wichtigen Staatsämter mit Mitgliedern seiner Familie und treuen Ergebenen und begründete mit der Ehrenlegion (1802) eine neue Kaste der Nobilität, die sich schnell mit den Repräsentanten des alten Erbadels zu mischen begann und die künftig tonangebende Gesellschaftsschicht bildete.

Im Juni 1800 entschied Napoleon mit seinem Sieg in der Schlacht von Marengo über die Österreicher den zweiten Koalitionskrieg für Frankreich, im Frieden von Luneville (Februar 1801) bestätigten Österreich und die verbündeten deutschen Fürsten die Abtretung des linken Rheinufers und erkannten die Batavische, die Zisalpinische, die Helvetische und die Ligurische Republik an. Im März schlossen Frankreich und England den Frieden von Amiens. Damit waren die Grenzen Frankreichs (vor allem die Ostgrenze am Rhein) gesichert und die politische Geographie in Europa stabilisiert.

Nach dem Verlust des linken Rheinufers erfolgte 1803 mit dem Reichsdeputationshauptschluß die territoriale Neugliederung Deutschlands. Ihren Höhepunkt hatte sie in der Gründung des Rheinbundes, die am 12. Juli 1806 unter der Führung Napoleons erfolgte und die die Auflösung des Heiligen Römischen Reiches nach sich zog.

1805 hatten sich England, Rußland und Österreich zur dritten Koalition zusammengeschlossen. Pläne einer Invasion gegen England gab Napoleon auf und stellte seine Streitkräfte den österreichischen und russischen Truppen entgegen, die er in der Dreikaiserschlacht von Austerlitz am 2. Dezember 1805 vernichtend schlug. 1806 eroberte er das Königreich Neapel und setzte seinen älteren Bruder Joseph Bonaparte als König ein. Die Batavische Republik wandelte er in ein Königreich um, das Louis Bonaparte erhielt. Mit dem Sieg über die vereinten Preußen und Russen in der Schlacht von Jena und Auerstedt im Oktober 1806 hatte Napoleon endgültig die uneingeschränkte Vorherrschaft in Mitteleuropa gewonnen.

Nach einem weiteren Sieg über die russische Armee bei Friedland im Juni 1807 gewann er Zar Alexander I. als Verbündeten. Im Frieden von Tilsit vom Juli 1807 verlor Preußen einen erheblichen Teil seines Territoriums, das den von Napoleon neu errichteten französischen Vasallenstaaten, dem Königreich Westfalen und dem Herzogtum Warschau, zugeschlagen wurde. In Westfalen setzte Napoleon seinen Bruder Jerome als König ein. Außerdem besetzte er Preußen.

Unterdessen hatte Napoleon eine Blockade gegen den Export britischer Waren in das restliche Europa, die so genannte Kontinentalsperre errichtet, die allerdings wenig wirksam war.

1807 geriet Portugal, 1808 Spanien unter französische Herrschaft. Joseph Bonaparte erhielt den spanischen Königsthron, Neapel wurde Napoleons Schwager Joachim Murat zugesprochen. Der Krieg in Spanien kostete Frankreich 300.000 Menschenleben und verursachte enorme Kosten, was zur Schwächung der napoleonischen Herrschaft beitrug. Napoleon konnte in Spanien die französische Herrschaft nie ganz durchsetzen, und 1813 wurden die französichen Truppen endgültig aus Spanien verdrängt.

1809 schlug Napoleon die Österreicher erneut bei Wagram und zwang sie zum Frieden von Schönbrunn, in dem Österreich weitere Gebiete an Frankreich abgeben mußte. Napoleon ließ sich von Josephine scheiden und vermählte sich 1810 mit der Habsburgerin Marie Louise, der Tochter des österreichischen Kaisers Franz I. In diese Verbindung mit einem der ältesten und mächtigsten Herrscherhäuser Europas setzte Napoleon große Hoffnungen hinsichtlich einer neuen europäischen Herrscherdynastie, die sich allerdings nicht erfüllen sollten. Außerdem wollte er durch diese Ehe Österreich in der Zukunft von antinapoleonischen Koalitionen fernhalten.

1810 annektierte Napoleon Bremen, Lübeck und weitere Teile Norddeutschlands sowie - nach der erzwungenen Abdankung Louis Bonapartes - das gesamte Königreich Holland, womit sein Imperium seine größte Ausdehnung erfuhr.

In fast allen unter napoleonischer Herrschaft stehenden Gebieten wurde die Verfassung geändert und der Code Napoleon als Zivilrecht eingeführt, das für große Teile der Bevölkerung erstmals eine Garantie bürgerlicher Rechte bedeutete. Auch in Deutschland wurden die Reformen von demokratisch gesinnten Kräften vielerorts begrüßt, andererseits befürworteten diese aber einen deutschen Nationalstaat, was sie wiederum in Gegensatz zu Napoleon brachte. Im Rahmen eines romantisierten Patriotismus sollten sie eine wichtige Rolle in den Befreiungskriegen spielen. Insgesamt wuchs der Widerstand gegen die französische Fremdherrschaft in ganz Europa, wurde aber zunächst noch in Schach gehalten (z.B. Andreas Hofer in Tirol).

1812 war das Jahr der Wende in Napoleons Schicksal. Entscheidend war Napoleons Feldzug nach Rußland. Nachdem es wegen der Kontinentalsperre mit Alexander I. zum Bruch gekommen war, marschierte Napoleon mit seiner Grande Armee in Rußland ein und führte sie bis vor die Tore Moskaus. Der von den Einwohnern selbst gelegte Brand der Stadt war der Auftakt für den Niedergang des Feldherrn und Kaisers.

Die völlige Erschöpfung der Ressourcen durch die Kriege, rigorose Steuerpolitik und die Polizeiherrschaft hatten Napoleon bei der französischen Bevölkerung in Mißkredit gebracht. Der verlustreiche Rückzug seiner Truppen im russischen Winter brachte sie weiter auf und rief die europäischen Herrscher gegen Napoleon auf den Plan. Zuerst verbündeten sich Preußen und Rußland. Österreich, England, Schweden und Bayern schlossen sich an. Dieser Übermacht erlag das napoleonische Heer schließlich trotz heftiger Gegenwehr in der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813.

Anfang 1814 zogen die Verbündeten unter der Führung des preußischen Generals Blücher in Paris ein. Napoleons Offiziere verweigerten die Gefolgschaft und am 2. April 1814 setzte der Senat den Kaiser ab. Nachdem die Verbündeten einen Rücktritt zugunsten seines Sohnes abgelehnt hatten, dankte Napoleon am 6. April 1814 ab. Er erhielt die Mittelmeerinsel Elba als souveränen Besitz und durfte seinen Kaisertitel behalten. Seine Ehegattin Marie Louise und ihr gemeinsamer Sohn wurden von seinem Schwiegervater, Kaiser Franz I. von Österreich, in Gewahrsam genommen. Napoleon sah die beiden niemals wieder.

Napoleon kehrte im März 1815 nach dramatischer Flucht für die "Herrschaft der Hundert Tage" noch einmal nach Paris zurück. Es gelang ihm, durch das Versprechen einer neuen, demokratischeren Verfassung, erneut die Veteranen der alten Feldzüge um sich zu sammeln, seine Friedensinitiative bei den Verbündeten schlug aber fehl. Die vereinten preußischen und englischen Streitkräfte unter Führung von Wellington und Blücher bereiteten den napoleonischen Truppen in der Schlacht von Waterloo am 18. Juni 1815 eine vernichtende Niederlage.

Napoleon wurde auf die englische Insel Sankt Helena im Südatlantik verbannt, wo er am 5. Mai 1821 an Magenkrebs starb. Seine Gebeine wurden 1840 in den Pariser Invalidendom überführt.


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