Der Marsch auf Leipzig

Nachdem die Schlesische und die Nordarmee erfolgreich am 3. und 4. Oktober die Elbe überquert hatten, sah sich Napoleon nun zwei Gegnern gegenüber. Aus dieser Tatsache heraus ergab sich für ihn die taktische Notwendigkeit, einen Gegner mit allem was er zur Verfügung hatte anzugreifen, während er den anderen unter Zurücklassung von Truppen in Schach halten mußte.

Bei Dresden standen ihm 116.000 Mann und 389 Geschütze zur Verfügung (Macdonald, Lobau, St. Cyr und die Garde). Souham, der sich entlang der Elbe zwischen Strehla und Meißen entfaltet hatte, stellte noch einmal 16.000 Mann und 203 Geschütze zur Verfügung. Zwischen Eilenburg und Bitterfeld standen die Überreste der Berliner Armee zusammen mit Marmont, Latour-Maubourg, insgesamt 72.000 Mann und 203 Geschütze.

Entlang seiner südlichen Front, von Altenburg bis Freiberg, befanden sich sich Victor, Lauriston, Poniatowski und Kellermann mit 44.000 Mann und 156 Geschützen. Leipzig wurde von weiteren 7.000 Mann und 22 Kanonen verteidigt. Lefevbre-Desnouttes` Kavallerie-Korps deckte den westlichen Zugang nach Leipzig mit 5.000 Säbeln und 6 Geschützen.

Weiterhin waren auf dem Marsch nach Leipzig Truppen von Milhaud`s Kavallerie-Division (sie bestand teilweise aus Veteranen aus dem Spanienfeldzug) und Augereau´s Korps, insgesamt 13.000 Mann und 40 Kanonen.

Für Napoleon ergaben sich nun zwei Möglichkeiten. Innerhalb von drei Tagen wäre er in der Lage gewesen 180.000 Mann gegen die Böhmische Armee aufzubieten, während Ney, Marmont und Souham mit ihren 87.000 Mann die Armee Blüchers und des Kronprinzen von Schweden hätten aufhalten sollen. Nach vier Tagen könnte er 200.000 Mann gegen die Nord- und die Schlesische Armee führen, während Murat mit seinen 67.000 Mann die Aufgabe hätte die Böhmische Armee aufzuhalten. In beiden Fällen hätte er Dresden preisgegeben müssen, das aber zu diesem Zeitpunkt von keiner größeren Bedeutung war, da die dortigen Magazine erschöpft waren und das Umland völlig verwüstet war.

Da waren einige Zweifel, welches die beste Wahl wäre. Sich nach Süden gegen Schwarzenberg zu wenden, der von  Böhmen heranmarschierte, lief darauf hinaus, daß er den selben Weg hätte zurücklegen und Gefechten ausweichen müßte.

Blücher und der Kronprinz von Schweden waren nur zwei oder drei Tagesmärsche von Leipzig entfernt und der Verlust dieser wichtigen Stadt würde Napoleon von Frankreich abschneiden. Für Blücher und den Kronprinzen wiederum war es ein riskantes Manöver sich, mit der gegenüberliegenden Elbe, mit ihren Truppen im Angesicht des Feindes zurückzuziehen, sie würden sich selbst binden. Napoleon sammelte seine Truppen und wandte sich nordwärts. Im Angesicht dieser Tatsachen marschierte Blücher in westliche Richtung auf die Nordarmee zu. Nach einer Rücksprache mit dem Kronprinzen wurde entschieden gemeinsam nach Leipzig zu marschieren.

Nachrichten, daß Napoleon mit dem Hauptteil seiner Kräfte auf sie zumarschierte, erreichten das Hauptquartier am 8. Oktober. Am 9. Oktober wurde Blüchers Armee, die sich auf eine fehlerhafte Erkundung verließ, von den Franzosen überrascht. Blücher und der Kronprinz waren dabei in großer Gefahr Napoleon allein gegenüber zu treten, mit der Elbe in ihrem Rücken. Der Kronprinz zog es entgegen dem Ratschlag Blüchers eine gemeinsame Stellung gegenüber der Saale zu beziehen vor, sicherheitshalber näher an die Elbe zu rücken.

Blücher war, aufgrund seines Charakters, begierig darauf nach Leipzig zu marschieren, alles zu riskieren um der Böhmischen Armee jede Möglichkeit auf Erfolg in Sachsen zu geben. Der Kronprinz war im Gegensatz dazu übervorsichtig, er wollte Napoleon nicht alleine angreifen. Napoleon wiederum stieß ins Leere. Es kam nicht zur Entscheidungschlacht, die er wünschte.

Seine Chancen den Feldzug zu gewinnen wurden immer geringer. Währendessen bewegte sich die Böhmische Armee langsam nach Norden. Nachrichten vom 8. Oktober, daß die Bayern die Seite gewechselt hätten und tatsächlich zu den Verbündeten mit 50.000 Mann übergetreten sind, veränderten die politische und militärische Situation. Diese Armee hinter  Napoleons Kommunikationslinen und konnte seinen Rückzug abschneiden.

Nachrichten, daß Blücher Halle besetzt hatte und die Franzosen Dresden aufgegeben hätten, verbreiteten sich. Alle Anzeichen deuteten darufhin, daß Napoleon sich zum Rhein zurückziehen und Deutschland verlassen würde. Ein entschlossener Angriff  wäre jetzt zum Vorteil Österreichs. Die Opposition aus Frankreich wäre minimal und Österrreichs Prestige und Position bei den Friedensverhandlungen würde durch ein solches Vorrücken gestärkt werden.

Wiederum hatte Napoleon zwei Möglichkeiten. Die eine wäre sich zum Rhein zurückzuziehen. Die andere wäre die Verbündeten einzeln und sofort zu schlagen. Neuigkeiten über das Vorrücken der Böhmischen Armee klärten seine Überlegungen. Er sammelte seine Kräfte und bewegte sich südwärts zusammen mit der Garde, Bertrand und Latour-Maubourgs Kavallerie um sich mit Murat zu vereinigen. Ney und Macdonald waren ebenfalls angewiesen worden sich mit Napoleon zu vereinigen. Während Reynier, nachdem er die Brücke bei Aken zerstört hatte, sich ebenfalls auf Leipzig zubewegte. Alles deutete auf die Entscheidungsschlacht des Feldzuges hin.

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